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DIE DEUTSCHE SPRACHE IN LITERATUR, GESELLSCHAFT UND POLITIK
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Kanton Bern

In der letzten Nummer stellten wir kurz den Bericht der kantonalen Expertenkommission über die Zweisprachigkeit vor und machten uns dazu schon einmal unsere Gedanken. Der Beitrag mit dem Titel Deutsch und Welsch im Kanton Bern ist jetzt hier abrufbar.

Link: KRITISCHE ANMERKUNGEN ZUM EXPERTENBERICHT

UNSERE VORSCHLÄGE ZUR FÖRDERUNG DER ZWEISPRACHIGKEIT

1. Zweisprachiger Unterricht an der Volksschule
Der Kanton baut in Zusammenarbeit mit den Gemeinden zweisprachige Studiengänge auf allen Stufen der Volksschule zügig aus zu einem dichten Angebot, welches den ganzen Kanton ziemlich engmaschig erfasst. Es muss Kindern möglich sein, in zweisprachige Studiengänge auch während ihrer Schulzeit einzusteigen, aus praktischen Gründen spätestens zu Beginn der Sekundarstufe I.
Die Schulorte müssen so gewählt werden, dass sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln leicht zu erreichen sind. Um den Zugang zu diesen Klassen zu erleichtern, darf der Kanton nicht auf einer paritätischen deutsch-französischen Zusammensetzung der Schülerschaft beharren. Bei geeigneter Gestaltung ist zweisprachiger Unterricht sogar mit Schülern derselben Muttersprache möglich.

2. Stützung der Familiensprachen Deutsch und Französisch in fremdsprachigem Umfeld
Der Kanton nutzt vorhandene frühkindliche Zweisprachigkeit und fördert die Kinder in der Haltung und im Ausbau der jeweiligen Minderheitssprachen Deutsch oder Französisch. Der Unterricht ist so zu gestalten, dass er es den Kindern ermöglicht, bis zum Beginn der Sekundarschule in zweisprachige Studiengänge überzutreten.

3. Schutz der angestammten deutschsprachigen Minderheit im Berner Jura
Der Kanton schützt die angestammte deutschsprachige Minderheit im Berner Jura, insbesondere die Mennoniten. Er hilft den Angehörigen dieser Minderheit dabei, ihre Sprache zu bewahren. Für die Kinder gewährleistet der Kanton einen Unterricht, in welchem ihre Mundart respektiert und wertgeschätzt wird und ihre sprachlichen Kenntnisse und Fertigkeiten in der deutschen Standardsprache gefördert werden. Die Wohngemeinden setzen sichtbare Kennzeichen dafür, dass die Minderheit als solche wahrgenommen wird und als Teil der Gemeinde geschätzt wird. Das kann geschehen, indem wichtige amtliche Publikationen auch auf Deutsch veröffentlicht werden und die Minderheit auch im Webauftritt der Gemeinden sichtbar wird.

4. Nutzung vorhandener Zweisprachigkeit
Der Kanton will erreichen, dass viele Personen Zweisprachigkeit in Deutsch und Französisch auf hohem Niveau erlangen. Er erleichtert den Leuten, die dieses Ziel erreichen, den Zugang zu Stellen, in welchen diese Qualifikation wertvoll ist. Erfolgreiche Absolventen von zweisprachigen Studiengängen auf der Tertiärstufe (PH, EHB, Universität, Fachhochschulen) werden grundsätzlich Muttersprachlern gleichgestellt. Deutsch-, Französisch- und Englischlehrer, die ihre Studien an den entsprechenden Instituten der phil.-hist. Fakultät in Bern oder einer gleichwertigen Universität erfolgreich abgeschlossen haben, sind zum Unterricht auf der entsprechenden Stufe befähigt und werden bei Anstellungen in gleicher Weise wie Muttersprachler berücksichtigt.

WEITERE VORSCHLÄGE VORBEHALTEN!                      rww


S. dazu Harding, Edith and Riley, Philip. The Bilingual Family: A Handbook for Parents.
Cambridge (CUP), S. 105-8

Im Englischen wird t dafür den Begriff vernacular verwendet.

Die Unterscheidung zwischen Erwerb und Lernen (acquisition and learning) geht auf Krashen u.a. zurück. Laut ihnen erwerben junge Kinder eine Sprache unbewusst, indem sie ihr durch ihre Beziehungspersonen ausgesetzt werden; in der Schule und in Sprachkursen lernen ältere Kinder Sprachen, indem diese mit Hilfe von Lehrmitteln rational beigebracht werden, durch Lehrer, die anleiten, mit Hilfe von Grammatik, gezielt eingesetzten Texten und Wörterlisten in Lehrbüchern usw. Bei Lichte besehen ist der Unterschied nur graduell; Eltern bringen auch sehr jungen Kindern gezielt neue Wörter bei.  

S. 6-9, jetzt auch auf sprachen.be.

Siebenhaar, Beat. Die deutschen Sprachinseln auf den Jurahöhen der französischsprachigen Schweiz. Zeitschrift für Dialektologie und Linguistik, Bd. 71, H. 2 (2004), pp. 180-212.
https://www.jstor.org/stable/40505020

In La Tanne wirkte in den 90er Jahren ein besonders eifriger Lehrer, welcher Kinder, die in den Pausen Deutsch sprachen, zur Strafe Aufsätze auf Französisch schreiben ließ.

 

sprachen.be