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DIE DEUTSCHE SPRACHE IN LITERATUR, GESELLSCHAFT UND POLITIK
Freiburg - Reichengasse
Bern - Altstadt mit Münster von der Schwelle aus
Biel - Brunngasse
Kanton Freiburg

Deutsch und Welsch in den ortsnamen des westlichen Mittellandes
(2. Teil)

Mitteilungen 1/2017
(Deutsche Namen für Orte in der romanischen Schweiz und im Ausland, 4. Folge)
von René Wyss, Attiswil


DAS KERNGEBIET DES ÜECHTLANDES

Im Berner Seeland sowie in den Freiburger Bezirken See und Sense erklären sich die vielen französischen Namen oder Exonyme für deutschsprachige Orte dadurch, dass die Volkssprache vielerorts bis weit ins Mittelalter und sogar noch darüber hinaus frankoprovenzalisch war. (Latein und Französisch waren in dieser Landschaft damals nur Schriftsprachen.) Die große Dichte an deutschen Exonymen im Kanton Freiburg anderseits ist großenteils darauf zurückzuführen, dass der Stand Freiburg sich 1481 nach seinem Eintritt in den Bund der deutschsprachigen Eidgenossenschaft anpasste und sich fortan selbst als deutschsprachig verstand.  Das Patriziat wechselte zur deutschen Sprache und verdeutschte seine welschen Familiennamen. Die welschen Städte und Dörfer wurden in der Verwaltung bei ihren deutschen Namen genannt; wenn solche Ende des 15. Jahrhunderts noch nicht bestanden, wurden sie nachträglich geschaffen.

1. Murten und das Murtenbiet
Das Murtenbiet war im 13. Jahrhundert welscher Boden; das belegt eine Urkunde aus dem Jahre 1273, in welcher der Lausanner Konvent die deutschsprachigen Termin- oder Seelsorgebezirke östlich der Saane bis nach Gümmenen und nördlich der Straße Bern-Murten an das Dominikanerkloster Bern abtrat. Im Freiburger Seebezirk, den diese Linie durchschneidet, spricht immer noch knapp ein Drittel der Bevölkerung Französisch.

 Nach der Schlacht bei Murten fiel die Stadt 1476 als Gemeine Herrschaft an Bern und Freiburg. Bern förderte durch Schule und Kirche die deutsche Sprache in Murten und Umgebung bis weit ins 18. Jahrhundert hinein.
Im Freiburger Seebezirk, den diese Linie durchschneidet, spricht immer noch knapp ein Drittel der Bevölkerung Französisch.
 Murten / Morat hat Deutsch als Amtssprache, doch ist es Bildungszentrum mit sowohl deutschen als auch welschen Schulen für das ganze Murtenbiet. Die evangelisch-reformierte Kirchgemeinde ist zweisprachig; es gibt neben der deutschen Kirche auch eine französische, in der allerdings auch Gottesdienste auf Deutsch abgehalten werden. Überhaupt wird wie in der ganzen Region eine gewisse sprachliche Flexibilität gepflegt. Die Mundart von Murten und Umgebung steht dem Dialekt von Bern ziemlich nahe und unterscheidet sich stark vom Senslerdeutsch im freiburgischen Sensebezirk östlich der Saane. Die romanische Namensform Morat aus Muratum ‚ummauerte Stadt’ ist die ältere, aber aus neuerer Zeit ist keine Patoisform überliefert. In den letzten Jahren sind Büchslen, Lurtigen, Salvenach, Jeuss und Courlevon eingemeindet worden.
Kaum erfasst durch die Germanisierung wurden nach den Burgunderkriegen die Dörfer Lugnorre, Motier, Praz und Nant der heutigen Gemeinde Mont Vully / Wistenlach nördlich des Sees.. Diese Dörfer haben neuerdings einen großen Anteil deutschsprachiger Bevölkerung; die Primarschule wird nur auf Französisch geführt, die Sekundarschule können die Kinder jedoch wahlweise auf Französisch oder Deutsch in Murten besuchen.

Wiflisburgergau: Karte von Gerhard Mercator

Das Üchtland auf Gerhard Mercators Karte Das Wiflispurgergou

Merlach / Meyriez hat bis vor kurzem offiziell als welsche Gemeinde gegolten, obwohl vier Fünftel der Bevölkerung Deutsch sprechen. Schon im 18. Jahrhundert waren die Welschen in der Minderheit. Nun tritt die Gemeinde mit dem Doppelnamen Merlach / Meyriez  auf. Die deutschen und französischen Schulen, welche die Kinder besuchen, liegen alle in Murten.
Greng dt. mda. /græŋ/, frz. /grɛ̃/. Die älteste überlieferte Form Groyn von 1349 spiegelt sich im früher geläufigen Namen Grein für Schloss Greng. Der Ortsname hat nichts mit grange ‚Scheune, Speicher’ zu tun, seine Herkunft bleibt ungeklärt. Entgegen dem allgemeinen Trend löste sich Greng 1982 verwaltungstechnisch von Merlach und ließ auf dem Areal neben dem Schloss aus einem Guss ein Dorf bauen. Die Bevölkerung hat sich seit 1980 verdreifacht und wird noch weiter wachsen, weil das Schloss nun auch in einzelne Wohnungen unterteilt wird. Die Gemeinde ist aber überwiegend deutschsprachig geblieben.
Bis 2003 galt Greng amtlich als französischsprachige Gemeinde, de facto jedoch war die Verwaltung deutschsprachig und der Kanton sandte seine Dokumente der Gemeinde meistens auf Deutsch zu. An diesem Zustand scheint sich nichts geändert zu haben. Der Grund dafür mag sein, dass die Entwicklung mit Gemeindefusionen und neuen  Schulverbänden noch im Flusse ist. Die Gemeinde Greng wird jedenfalls deutschsprachig verwaltet, und Eltern haben die Wahl, ihre Kinder in deutsche oder welsche Schulen zu schicken.
Faoug / Pfauen liegt in der Waadt führt zwar seinen Doppelnamen nicht offiziell, aber immerhin in seinem Wappen, welches eine Buche und einen Pfauen zeigt. Faoug geht in der Tat über die mittelalterliche Dialektform /faw/ auf lateinisch fagum ‚Buche’ zurück, Pfauen leitete sich von dieser Form /faw/ ab und wurde dann volksetymologisch umgedeutet. (Vgl. dazu Kerzers und Gurwolf.)

Auf einem Hügel wenig oberhalb des Murtensees liegt Avenches / Wiflisburg. Die wichtige Provinzstadt Aventicum des römischen Reiches bezieht ihren Namen ähnlich wie Biel von der keltischen oder vorkeltischen Gottheit Aventia und diese ihrerseits von einem gleichnamigen Bach, der heute trocken ist. Wiflisburg hingegen geht auf einen Personennamen zurück.
Südlich von Murten liegt auf einer Anhöhe Münchenwiler / Villars-les-Moines. Münchenwiler ist erst 1442 belegt und somit eine ziemlich späte Übersetzung des romanischen Namens des Dorfes. Seit dem 16. Jahrhundert wurde vermutlich auch gesprochen, die Schule ging jedoch erst 1738 zum Deutschen als Schulsprache über.
Courgevaux / Gurwolf, frankoprovenzalisch /a ‚kurdzəvu:/ , war bis nach 1950 eine Gemeinde mit einer deutlichen welschen Mehrheit, ist aber heute überwiegend deutschsprachig. Die Gemeindeverwaltung ist durchgehend zweisprachig, die Kinder besuchen die Schulen in Murten. Der romanische Name ist eine Zusammensetzung aus roman. corte (< lat. cohortem) und einem Personennamen Gibuld, Gibold oder ähnlich.  Historische Belege gibt es für Corgivul 1055, Curgivol 1080, Curgevolt 1142. Der deutsche Name ist erst 1578 belegt /Curuuolf), er stellt eine lautliche Anlehnung an den romanischen dar und lehnt sich volksetymologisch an das Wort Wolf an. Das Gemeindewappen ist ein silberner stehender Wolf auf schwarzem Grunde. (Vgl.dazu Kerzers/Chiètres und Faoug/Pfauen und s.o.)
Gempenach hat kein französisches Exonym; wenn es eines gäbe, würde es Champagny heißen wie der Ferienort Champagny en Vanoise in Savoyen. Der Name ist die Ableitung von Campanius, einem galloromanischen Sippennamen, einem sog. Gentilnamen. Die deutsche Schreibung (und Aussprache) mit g zeigt, dass der Name frühestens im 8. und spätestens im 10. Jh. übernommen worden ist. (S. o. Gampelen, Gals und Gurbrü).

2. Courtepin und Umgebung
Courtepin / Curtepy (in der Mundart /kùrtə’pi:/) liegt auf halbem Weg zwischen Murten und Freiburg. Der deutsche Name ist eine junge Entlehnung und bleibt nahe am Original, abgesehen vom Verzicht auf die Nasalisierung des Volkals. Seit dem Bau der Fleischverarbeitungsfirma Micarna hat sich die Bevölkerung Courtepins vervielfacht. Die Gemeinde Courtepin wurde im Jahre 2003 zweisprachig, als sie die vorher selbständige und seit langem zweisprachige Gemeinde Courtaman aufnahm. Die Zweisprachigkeit wird seither bewusst gepflegt und gelebt und als wichtiger Bestandteil der Identität der Gemeinde verstanden. Im Januar 2017 schlossen sich auch die Dörfer Barberêche, Chandossel, Villarepos und Wallenried der Gemeinde Courtepin an. Verhandlungen über eine Fusion waren auch mit Misery-Courtion geführt worden. Diese Gemeinde verlangte aber, „dass die neue Gemeinde rein französischsprachig sein müsse, was aber von Courtepin und Wallenried ausdrücklich abgelehnt“ wurde. Misery-Courtion ist selbst schon 1997 aus einer Fusion von Misery / Miserach, Courtion, Cormérod / Kormerat und Cournillens / Kurlin entstanden. Neun von zehn Personen sprechen Französisch.
Villarepos / Ruppertswil wurde bekannt, als die im Jahre 1571 geweihte Kirche mit ihren wertvollen Wandmalereien gut vierhundert Jahre später durch einen Neubau von eher bescheidener architektonischer Qualität ersetzt und trotz heftigem Widerstand von Heimatschutz und anderen Kreisen abgebrochen wurde. Der Doppelname erinnert an Namenspaare im nördlichen Jura: im Französischen steht das Grundwort villar an erster Stelle, im Deutschen hingegen der Personenname (Rodbalt oder Rodbert). Welche Namensform die ältere ist, bleibt offen. Es ist an sich möglich, dass es sich bei dem Orte um einen Vorposten der alemannischen Siedlung handelt. Allerdings ist die deutsche Namensform erst für 1577 belegt und könnte ein spätes Beispiel für ein altes Muster der Namensbildung sein. Heute ist Ruppertswil eine Dorf, von dem aus Pendler Murten, Wiflisburg und auch Freiburg schnell erreichen können. Ein Fünftel der Bevölkerung ist deutscher Muttersprache. Eine Bürgergruppe setzt sich energisch dafür ein, dass das Dorfbild nicht durch unpassende Neubauten beeinträchtigt wird und dass die wertvolle alte Bausubstanz erhalten bleibt. Die Lehren aus dem Verlust der alten Kirche sind gezogen worden.
Wallenried war ursprünglich ein rein welsches Dorf mit Namen Esserts ‚gerodetes Land, Reute’. Das Grundwort Ried ist die deutsche Übersetzung und heißt dasselbe; dieser Flur- und Ortsname hat im Freiburgerland immer diese Bedeutung, im Gegensatz zu andern Gegenden der Schweiz bedeutet er nie „Moorland, mit Schilf und Sumpfgras bewachsenes Land“. Das Bestimmungswort Walen bezieht sich auf die romanische, welsche Sprache der Bevölkerung. Der deutsche Name setzte sich etwa in der Mitte des 17. Jahrhunderts durch und Esserts wurde ungebräuchich, obwohl die Gemeinde bis etwa 1950 eine französischsprachige Mehrheit hatte.
Barberêche / Bärfischen erstreckt sich am Westufer der Saane bzw. des Schiffenensees; die Gemeinde war lange, bis weit ins 19.Jh. hinein, mehrheitlich deutschsprachig, dann nahm der welsche Bevölkerungsanteil weiter zu, und heute beträgt er drei Viertel. Der Name Barberêche geht auf *(villa) barbarisca, eine Ableitung von dem Personennamen oder Adjektiv Barbarus/barbarus zurück. Der erste romanische Beleg ist von 1154 (Barbereschi), der erste deutsche erst von 1363 (ze Berverschen). Die heutige Namensform Bärfischen ist wohl eine volksetymologische Umdeutung des undurchsichtigen französischen Namens.
Cressier / Grissach ist heute eine französische Sprachinsel im Seebezirk. Cressier hat heute zweimal so viele Einwohner wie 1980 und eine bedeutende deutschsprachige Minderheit. Die Primarschule in Cressier wird auf Französisch geführt, doch wird den Kindern, die nicht deutscher Muttersprache sind, vom Kindergarten an freiwilliger Deutschunterricht angeboten, dem die Hälfte dieser Kinder folgen. Außerdem spricht die Klassenlehrerin mit den Schülern täglich Deutsch über wechselnde Themen. In der Bibliothek werden den Kindern auf privater Basis regelmäßig Bücher in der „Partnersprache“ in gemeinsamer Lektüre nahegebracht. In andern Gemeinden auf beiden Seiten der Sprachgrenze werden die Kinder im Projekt „Zweitsprachenprojekt langue deux (L2)“ mit der Nachbarsprache vertraut gemacht, so etwa in den Schulkreis Jeuss-Lurtigen-Salvenach und Rue sowie in Belfaux / Gumschen, Corminboeuf und Jaun / Bellegarde.

3. Freiburg i.Ü. und sein Umland

3.1. FRIBOURG / FREIBURG
Freiburg tut sich mit der Zweisprachigkeit immer noch schwer, auch wenn der Bahnhof nun Schilder mit dem Doppelnamen Fribourg/Freiburg trägt. Zwar stehen seit eh und je für die Bevölkerung auch deutschsprachige Schulen zur Verfügung, und die vom Kanton getragene Universität ist seit ihrer Gründung zweisprachig.  Außerdem sind zumindest in der Altstadt seit einigen Jahren die Straßen und Plätze auch wieder mit ihren alten deutschen Namen beschildert. Aber um die volle amtliche Zweisprachigkeit wird immer noch gekämpft, während der Anteil der Deutschsprachigen seit 1950 von genau einem Drittel auf 21% zurückgegangen ist. Das ist auf den verstärkten Zuzug aus dem welschen ländlichen Gegenden zurückzuführen, während sich die Sensler vermehrt Bern zuwenden.
Immerhin ist in Freiburg die Zweisprachigkeit als Wert entdeckt worden; lange Zeit war die deutschsprachige Minderheit von den Welschen vorwiegend als Störfaktor wahrgenommen worden. Man könnte überspitzt sagen: Je mehr die deutschsprachige Minderheit in der Stadt anteilmäßig schrumpft, desto mehr wird sie geschätzt. Der ganze Gemeinderat trägt die Politik mit, die Zweisprachigkeit der Stadt zu fördern und zu nutzen. Thierry Steiert war 2016 Stadtammann, hat aber nun in den Staatsrat gewechselt.
Es sind Bestrebungen im Gange, Freiburg mit Corminboeuf, Givisiez / Siebenzach und Marly / Mertenlach zu fusionieren. Die genannten Gemeinden haben einen dementsprechenden Antrag beim Staatsrat eingereicht. Sie möchten auch Granges-Paccot / Zur Schüren, Pierrafortscha / Perfetschied und Villars-sur-Glane / Glanewiler dabei haben. Mit einer solchen Großfusion würden diese Gemeinden auch in die Förderung der Zweisprachigkeit einbezogen, welche die Stadt seit einigen Jahren betreibt. Unterricht in der Muttersprache ist für Kinder aus deutschsprachigen Familien an der Freien Öffentlichen Schule (FOSF) für die Primarstufe und an der Deutschsprachigen Orientierungsschule Freiburg (DOSF) gewährleistet (s.u.). Allersdings würde der Anteil der deutschsprachigen Bevölkerung verhältnismäßig etwas geringer werden. Düdingen hat sich aus der regionalen Zusammenarbeit zurückgezogen, weil es sich durch die vorwiegend welschen Gemeinden majorisiert würde. Deshalb ist mit einer Eingemeindung in ein neues Groß-Freiburg mit Wechsel des Bezirks zumindest vorderhand nicht zu rechnen.

Namen von Straßen und Plätzen in Freiburg im Üchtland
Es würde zu weit führen, hier ein deutsches Straßenverzeichnis für Freiburg einzufügen. Es sei auf die Schrift Freiburger Strassen- und Ortsnamen des früheren langjährigen Präsidenten der Deutschfreiburgischen Arbeitsgemeinschaft verwiesen, die leider vergriffen ist und eine Neuauflage und eventuell Neubearbeitung verdienen würde. Nur die wichtigsten Straßen und Plätze in den Quartieren der Altstadt seien genannt:
Burg: Reichengasse / Grand’ Rue; Zähringergasse / Rue de Zähringen; Rue des Bouchers; Zähringerbrücke / Pont de Zähringen; / Metzgerngasse / Rue des Bouchers; Hängebrückgasse / Rue du Pont-Suspendu; Chorherrengasse / Rue des Chanoines; Hochzeitergasse (Hochzittergass) oder Besengasse / Rue des Epouses; Liebfrauenplatz / Place de Notre-Dame.
Spitalviertel: Murtengasse / Rue de Morat; Steinbrückengasse / Rue du Pont-Muré; Rue du Tilleul / Lindengasse; Rue des Alpes / Alpengasse; Lausannegasse oder Losanengasse / Rue de Lausanne;  Steinhauergässchen / Ruelle des Maçons; Schützenmatte / Grand’Places.
Neustadt: Alte Brunnengasse / Rue de la Grand’Fontaine; Kleinrahmengasse / Rue des Petites-Rames; Großrahmengasse / Rue des Grandes Rames; St.-Johann-Brücke / Pont de Saint-Jean; Magerau / Maigrauge; Kurzer Weg / Escalier du Court-Chemin;  Neustadtgasse / Rue de la Neuveville; Obere Matte / Planche Supérieure; / Untere Matte / Planche Inférieure; Karrweg.
Au: Stalden; Samaritergasse / Rue des Samaritains; Augustinergasse / Rue des Augustins; Tuchmachergässchen / Rue des Drapiers; Goldgasse / Rue d’Or; Klein-St.Johann-Platz / Place du Petit-Saint-Jean; Bernbrücke / Pont de Berne; Schmiedgasse / Rue des Forgerons.
Erwähnt sei auch noch das Quartier Pigritz / Perolles südlich des Bahnhofes. Vielleicht geht der Name auf *petrolas ‚Steinbruch’ zurück.

Freiburgs Umland
Die welschen Gemeinden im Saanebezirk haben alle eine mehr oder weniger bedeutende deutschsprachige Minderheit. Deren Kindern können die als Primarschule Freie öffentliche Schule Freiburg (FOSF) besuchen, die 1836 von der Reformierten Kirchgemeinde Freiburg gegründet wurde, seit langem aber auch von Katholiken besucht wird. Die Oberstufe der FOSF wurde im Jahre 2000  mit der städtischen Orientierungsschule zur Deutschen Orientierungs–schule Freiburg (DOSF) zusammengelegt.

Uechtland. Karte von Jan Jansson, Amsterdam

Karte der Schweiz von Jan Jansson, Amsterdam.

3.2. Ortschaften Im Nordwesten der Stadt
Givisiez / Siebenzach ist heute ein Vorort Freiburgs mit einer Industriezone, die fast so groß ist wie die Wohnzone. Stadelmann führt beide Namensformen auf *Jubindiacum zurück. Leider fehlt ein Beleg für einen Personennamen Jubindius – dieser wird somit zur bloßen Vermutung.
Immerhin ist unbestritten, dass die Endung –iez auf die keltischeNachsilbe –akos/-acum zurückgeht. Sie wird im Französischen wie in Cerlier (s.o.) und im Patois wie in Marly (s.u.) ausgesprochen. In der deutschen Namensform finden wir wieder, wie schon bei Pfauen, Gurwolf und Bärfischen ein Beispiel für das Bemühen, einen unverständlichen Namen an Vertrautes anzulehnen, also volksetymologische Umdeutung. Aus Juvinisie (1142, 1228) wird 1555 Ziffizachen  und später eine Namensform mit Anlehnung an das Wort sieben – ohne das klar klar würde, was es mit –zach auf sich hat.
Belfaux / Gumschen ist die eher ländlich geprägte nordwestliche Nachbargemeinde von Givisiez/Siebenzach; im Gegensatz zu Siebenzach ist Gumschen vor allem Wohngemeinde. Belfaux hat in den beiden Sprachen zwei ganz verschiedene Namen: Belfaux geht zurück auf *(ad) bellam fagum ‚(zur) schönen Buche, Schönenbuch’. Die Deutung von Gumschen ist umstritten; in Frage kommt *compascua ‚Weide’ , doch ist eine lateinische Form des Wortes mit der Vorsilbe com- nicht nachgewiesen. Kristol und Schüle schlagen den Typus combasse, combasson ‚petite combe, vallonnement’ vor.
Granges-Paccot heißt auf Deutsch Zur Schüren. Dieses deutsche Exonym ist leider kaum mehr gebräuchlich und fast vergessen.

3.3. Orte im Süden Freiburgs
Hauterive / Altenryf ist die Gemeinde, die aus der Fusion von Écuvillens und Posieux hervorgegangen ist. Die Bedeutung des Namens ist leicht zu erkennen: Er beschreibt die topographische Lage des Klosters, welches im Jahre 2001 der Gemeinde den Namen gegeben hat.  Die lateinisch Form  Altaripa ‚hohes Ufer’ hat zur frankoprovenzalischen Aussprache /ota’riva/ geführt. Die französische Form ist eine Übersetzung, und das h, welches in den alten Quellen durchwegs fehlt, bleibt in der Regel stumm und verursacht keine Dihärese: Es heißt also La comune d’Hauterive. Altenryf, heute meist /aute’ri:f/. in konservativer Aussprache /alte’ri:f/,  übernimmt im Bestimmungswort die Lautfolge alt- der hochmittelalterlichen Quellen, im Grundwort hingegen die spätere frankoprovenzalische, wobei sie in –ryf /ri:f/ das i lang macht und im Auslaut das v zu f verhärtet.
Marly / Mertenlach kann wie Gempenach seinen Namen auf ein Etymon zurückführen, welches aus einem galloromanischen Gentilnamen und der keltischen Ableitungssilbe –acum zusammengesetzt ist: *Martiliacum. Der deutsche Name der Gemeinde, besonders der mundartliche, liegt lautlich wesentlicher bei seinem Ursprung:  Mertelach /’mertəlax/. Marly ist ein bedeutender Industriestandort, lanciert seinerzeit durch die Errichtung von Forschungs- und Produktionsstätten durch Ciba-Geigy.
Épendes / Spinz hat seinen Namen wahrscheinlich von lateinisch spīnas ‚Dorngebüsch’. Im Deutschen ist der Sp-Anlaut erhalten. Ferpicloz / Pichlen: Die Herkunft des Namens ist unsicher.: Der Name von Essert / Ried ist leicht zu deuten. Der alte Flurname essert ‚Rodung, gerodetes Land’ ist im Kanton Freiburg weitverbreitet, und Ried ist die deutsche Übersetzung davon. Dasselbe gilt für  Wallenried / Esserts (s.o.). Die Dialektlautung ist /a e’er/ , gleich wie in Eschert BE, dort mit entsprechender Schreibung und Aussprache auch im Französischen. 
Arconciel / Ergenzach leitet seinen Namen aus römischer Zeit vom Personennamen Arc(h)ontius abgeleitet; der erste Beleg vom 1082 lautet Arconciacum. Erstmals 1655 finden wir die volksetymologische Umdeutung zu arc-en-ciel ‚Regenbogen’in der Benennung der Pfarrei als Arcae Coeli, und im 18. Jahrhundert setzt sich die Namensform auf –el durch: „Arconciel, autrefois Arconcié“ (1806). Die deutsche Namensform hat diese Entwicklung nicht mitgemacht.
3.4 Romanisches im Sensebezirk
Rechthalten / Dirlaret liegt nahe an der Sprachgrenze. Die Deutung des romanischen Namens ist umstritten. Nach Kristol ist der deutsche Name eine fehlerhafte Übersetzung des romanischen Dirlaret, als Dreit Laris belegt 1173/1182, aus *diricto lateris–laret. Zwar  entspreche –halten ‚Halde, Abhang’ dem zweiten Teil –halten der deutschen Namensform sehr wohl, aber angesichts des steilen Geländes der Gemeinde liege die Bedeutung ‚steil, stark geneigt’ für dreit näher. Wenn wir dieser Argumentation folgen, bedeutet Dirlaret ‚steile Halde’.
Tafers heißt auf Französisch Tavel; beide Formen werden auf *tabellu(m) ‚Wirtshaus’ zurückgeführt.
Düdingen / Guin liegt im Nordwesten von Freiburg. Das Dorf ist seit den 50er Jahren stark industrialisiert worden. Der Name Düdingen ist nach Glatthard eine alte germanische Ableitung von dem Personennamen Dodo oder ähnlich auf –ingen. Müller und Kristol gehen aber von einer Ableitung auf –ingōs aus, welches früh aus dem Germanischen ins Romanische entlehnt wurde und in den „Kantonen Waadt und Freiburg seit dem 6. Jh. ausgesprochen produktiv“ war. Wir schließen uns dieser Deutung an, sintemal die ältesten Belege alle auf –s enden: Doens von 1180 (aus *Dodoens) und vier weitere Belege bis 1252, bevor mit Tiudingen 1258 die erste deutsche Namensform greifbar wird. Die modernen deutschen und frankoprovenzalischen Formen /’düdiŋə/ und /djɛ̃/ haben sich unabhängig lautgesetzlich entwickelt.  

Disputation zu Bern im Üchtland 

Titelblatt des Protokolls der Berner Disputation „zu Bernn im Üchtland“ von 1528, welche die Einführung der Reformation in Bern zur Folge hatte.


BERN IM ÜCHTLAND ALS GEGENSTÜCK ZU VERONA ODER WELSCH-BERN
Hier erlauben wir uns zum Schlusse noch einen Exkurs über den Namen der zähringischen Schwesterstadt Freiburgs im Nordosten des Üchtlandes. Die neueste Forschung leitet den Namen der Bundesstadt von einem keltischen Wort ab. Bern kommt demnach von keltisch berna = mittelirisch bern, berna‚ Kluft, Schlitz’ = neuirisch bearna /’bæ:rnə/. Das Wort gehört zum geläufigen irisch-gälischen Wortschatz und kommt in Orts- und Flurnamen vor, z.B. Bearna Choimín, engl. Gap of Dunloe, ein Gebirgspass bei Killarney in der Grafschaft Kerry. Der Sinn des keltischen Wortes würde durchaus zur Lage der Burg Nydeck an der Aare passen. Es ist jedoch auch denkbar, dass die bisherige Lehrmeinung ebenfalls richtig ist. Berchtold V. sich bei der Namengebung auch bewusst an die berühmte Stadt Verona = Welsch-Bern anlehnte. Dieser Bezug könnte die Übername eines erhaltenen keltischen Flurnamens *Berne, Bern gestützt haben. Das Wortspiel, welches den Namen Bern mit einem Bären in Verbindung bringt, könnte durchaus auch schon von Herzog Berchtold stammen. Der Bär findet sich bereits auf dem Berner Stadtsiegel von 1224. Die Attraktivität und der Symbolwert des Wappentiers sind bis heute lebendig geblieben, und Berchtold V. bewies hatte seinen Sinn für Symbole bereits bewiesen, als er der Stadt Freiburg ihren Namen gab.

Bern: Siegel von 1224 

Berns Stadtsiegel von 1224


Mitteilungen 1+2/2009, 7-9 sowie 1/2016, 5-12 und 2/2016, 12-20.

Büchi, Albert. Die historische Sprachgrenze im Kanton Freiburg. Freiburger Geschichtsblätter, Bd. 45 (1896), 33-53. S. dazu auch diese längere Abhandlung: Roth, Bruno. Die romanisch-deutsche Sprachgrenze im Murtenbiet während des XV. Jahrhunderts: Untersuchungen auf Grund der Orts-, Flur- und Personennamen. Freiburger Geschichtsblätter, Bd. 53 (1965).
www.e-periodica.ch/cntmng?var=true&pid=fgb-001:1991:68::254

Flückiger, Ernst. Die Sprachgrenze im Murtenbiet. Freiburger Geschichtsblätter, Bd. 3 (1896), 21-48.

Mercator, Gerhard. Das Wiflispurgergou. Duisburg 1585. Kartensammlung der Universität Basel. www.e-rara.ch/doi/10.3931/e-rara-13914

Flückiger 35-6.

LSG 409 (Lexikon der schweizerischen Gemeindenamen. Dictionnaire toponymique des communes suisses. Dizionario toponomastico dei comuni svizzeri. Herausgegeben vom Centre de Dialectologie an der Universität Neuenburg unter der Leitung von Andres Kristol. Frauenfeld / Lausanne (Huber/Payot) 2005. 1102 S.)

‚Einzig das „Sprachproblem“ konnte während seiner [Eduard Scherzens] Amtszeit nicht gelöst werden. Obwohl 99 Prozent der Einwohner von Greng deutschsprachig sind, ist die Gemeinde offiziell als französischsprachig registriert. Trotzdem erhalte man die Unterlagen von Freiburg jetzt meist auf Deutsch.’ Corinne Aeberhard in ihrem Bericht über den Rücktritt des Gemeindepräsidenten Eduard Scherz in den Freiburger Nachrichten vom 2. Mai 2003. http://www.freiburgernachrichten.ch/archiv-see/es-ist-eine-schoene-zeit-gewesen

Glatthard, Peter. Ortsnamen zwischen Aare und Saane. Sprache und Dichtung: Neue Folge, Bd. 22. Bern (Haupt) 1977, 141. S.a. LSG 346.

LSG 270-1.

www.chgemeinden.ch/w/Assets/docs/fachartikel/deutsch/gemeindeportraets/
2012/12_05-Gemeindeportraet.pdf

www.fr.ch/scom/files/pdf53/Projekt_Plan_See_2013.pdf

Glatthard 143.

LSG 951-2.

http://www.cressier.ch/fr/education/bibliotheque/

http://www.freiburger-nachrichten.ch/archiv-see/die-sprachedes-nachbarn-sprechen

Altermatt, Bernhard. Die institutionelle Zweisprachigkeit der Stadt Fribourg-Freiburg: Geschichte, Zustand und Entwicklungstendenzen. Vereinigung für angewandte Linguistik in der Schweiz (VALS-ASLA) (Swiss association of applied linguistics) 82, 63-82, 2005.
S. zu diesem Thema auch folgenden Aufsatz: Claudine Brohy. Les langues s’affichent: signalétique, publicité et paysage linguistique dans deux villes bilingues suisses, Biel/Bienne et Fribourg/Freiburg. Cahiers de l’ILOB/OLBI Working Papers 2/2011, 105-124. (Die zweisprachige Beschriftung des Bahnhofes Fribourg/Freiburg ist seitdem in die Tat umgesetzt worden.)Im PDF-Format greifbar auf https://uottawa.scholarsportal.info/ojs/index.php/ILOB-OLBI/article/view/1086

Boschung, Peter. Freiburger Strassen- und Ortsnamen. Deutschfreiburgische Arbeitsgemeinschaft / Paulusverlag (Freiburg im Üchtland) 1970, 46 S.

Stadelmann, Jean. Etudes de toponymie romande, pays fribourgeois et districts vaudois d’Avenches et de Payerne. Fribourg 1902, 125. Glatthard 149. 

Altermatt, Bernhard. Die reformierte „Freie öffentliche Schule Freiburg“ zwischen Konfession und Sprache. Zeitschrift für schweizerische Kirchengeschichte, Bd.96 (2002), 97-116.  www.e-periodica.ch/cntmng?pid=zfk-001:2002:96::244

Jansson, Jan. Helvetiæ Rhetiæ & Valesiæ cum omnibus finitimis regionibus Tabula Vulgo Schweitzerland. Amsterdam 1660.

Stadelmann 29.

LSG 390.

Glatthard 195 folgt Stadelmann 122.

LSG 133.

LSG 432.

Glatthard 159.

Stadelmann 34.

Gatschet, Albert. Ortsetymologische Forschungen. Bern (Haller) 1867, 216 und LSG 326.

LSG 337.

LSG 95.

LSG 729

Glatthard 133.

Glatthard 130.

LSG 306.

Aufgeführt in LSG 306.

Glatthard 130

Handlung oder Acta gehaltner Disputation zuo Bernn in Uechtland.
Zürich (Froschauer) 1528.

„Vergleichbar mit Behren bei Saarbrücken, 9. Jh. Berna, a. 884 Berna; Berne in der Stadt Trier a. 1300. Walliser Bächlein bernona in der Gemeinde Siders, a.515 als Hofgut in Gründungsurkunde von St. Maurice, allerdings um 800 neu formuliert. Müller, Wulf. „Siedlungsgeschichte in der Suisse romande.“ In: Ernst, Peter et al.: Ortsnamen und Siedlungsgeschichte. Akten des Symposiums in Wien vom 28.-30. September 2000. Heidelberg (Winter) 2002, 87-88.

sprachen.be